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Neuigkeiten vom Bundesverfassungsgericht

Präsentiert durch die Anwaltskanzlei Bernd Wünsch

 

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Titel:

1. Der Beschwerdeführer beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass der Maßregelvollzugseinrichtung, in der er untergebracht ist, eine Zwangsmedikation des Beschwerdeführers untersagt werde.

Aktenzeichen:

2 BvR 228/12 vom 10.02.2012

Quellenangabe:

Bundesverfassungsgericht

Veröffentlichung am:

10. Februar 2012 (Freitag)

Nachricht:

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 228/12 -

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde

des Herrn    Z...

- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Stefan Lorenz,
Hohe Straße 39, 04107 Leipzig -
1. unmittelbar gegen
a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Januar 2012 - 2 Ws 515/11 -,
b) den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 18. Oktober 2011 - II StVK 781/11 -,
2. mittelbar gegen
die lückenhaften landesgesetzlichen Regelungen des SächsPsychKG (insbesondere §§ 22, 23)
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
und Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
und Beiordnung des Rechtsanwalts L.

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

die Richterin Lübbe-Wolff,
den Richter Huber
und die Richterin Kessal-Wulf

gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 10. Februar 2012 einstimmig beschlossen:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt L. für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe:

1. Der Beschwerdeführer beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass der Maßregelvollzugseinrichtung, in der er untergebracht ist, eine Zwangsmedikation des Beschwerdeführers untersagt werde.

a) Gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Muss der Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens als offen angesehen werden, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde später aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde der Erfolg aber zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 91, 70 <74 f.>; 105, 365 <370 f.>; stRspr). Eine einstweilige Anordnung kann nur ergehen, wenn diese Abwägung ein deutliches Überwiegen der Gründe ergibt, die für den Erlass der Anordnung sprechen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2006 - 2 BvQ 63/06 -, juris; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2009 - 2 BvR 1422/09 -, juris; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Februar 2011 - 2 BvR 132/11 -, juris).

b) Danach ist eine einstweilige Anordnung hier nicht zu erlassen. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde nicht offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfG, Beschlüsse des Zweiten Senats vom 23. März 2011 - 2 BvR 882/09 -, EuGRZ 2011, S. 321 ff. und vom 12. Oktober 2011 - 2 BvR 633/11 -, NJW 2011, S. 3571 f.). Die gebotene Abwägung führt jedoch zu dem Ergebnis, dass die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen kann, weil die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Belange nicht in der erforderlichen Weise deutlich überwiegen.

Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, erweist sich die Verfassungsbeschwerde aber später als begründet, muss der Beschwerdeführer einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff bis auf weiteres hinnehmen. Unabhängig von etwaigen nachteiligen Wirkungen des Medikaments, das dem Beschwerdeführer verabreicht werden soll, läge auch bereits in der zwangsweisen Verabreichung als solcher ein schwerer Eingriff. Nach den Annahmen, von denen im vorliegenden Verfahren die Klinik und die Strafvollstreckungskammer ausgegangen sind und die beim gegenwärtigen Verfahrensstand nach den hier maßgeblichen Abwägungsgrundsätzen (s. unter 1.) hypothetisch als zutreffend zu unterstellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Februar 2011 - 2 BvR 132/11 -, juris), können Belange von erheblichem Gewicht aber auch dann beeinträchtigt werden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung ergeht, die Verfassungsbeschwerde sich aber später als unbegründet erweist. Die angeordnete Zwangsbehandlung erfolgt nach den Angaben der Klinik und nach den Feststellungen in gerichtlichen Entscheidungen, die der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde vorgelegt hat, unter anderem deshalb, weil sie nach bisherigen Erfahrungen erforderlich ist, um zu verhindern, dass der Beschwerdeführer erneut in Verhaltensweisen wie tätliche Angriffe auf Pflegepersonal, Onanieren vor Anderen und Schmierereien mit Kot zurückfällt. Wie der zurückliegende Fall erheblicher Verletzung eines Pflegers zeigt, könnte sich im Fall des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, die zur Absetzung der Medikamente zwingt, insbesondere die Gefahr gravierender Schädigung Dritter - mit möglicherweise irreversiblen Folgen - realisieren. Unter diesen Umständen kann das erforderliche deutliche Überwiegen der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe nicht festgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Februar 2011 - 2 BvR 132/11 -, juris).

2. Die beantragte Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt L. ist für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Erfolgsaussicht abzulehnen (§§ 114 ff. ZPO).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Lübbe-WolffHuberKessal-Wulf



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